Aus diesem Grunde in- teressierte er sich bewusst für die Brust der Frau nicht: «Da kommt nichts heraus». Be- zeichnenderweise sagte Patient einmal, er könnte vielleicht auch bei «anstän- digen» Mädchen, bei denen er impotent war, koitieren, wenn er mit einem Präservativ verkehren würde: «Da kriegt sie ja nichts,» meinte Patient trium- phierend. Dabei leistete sich Patient jedesmal ein Auto, «weil es schon so spät war», obwohl die Entfernung zwischen der Wohnung des Patienten und der des Arztes so gering war, dass er unter anderen Umständen niemals die Kosten einer Fahrt im Taxi auf sich genommen hätte. Fragen wir uns nun, weshalb die intellektuelle Störung ge- rade eingangs der Schule sich einstellte, so trägt die Antwort, dass dieser Zeitpunkt die beste Gelegenheit zum Sichtbarwerden dieser Störung war, nicht gerade weit. Brust der Mutter. Die Hemmung der eigenen oralen Aggression ge- gen die mütterliche Brust, die als Phallus perzipiert wurde, ergab die Erek- tionsstörung.
Natürlich konnte die Deutung der phallischen und analen Anteile des Ödipuskomplexes die dahinterliegenden oralen Bindungen der Präödipalzeit am ball bleiben. Das Aufzeigen des «Mammakomplexes» machte auf den Patienten starken intellektuellen Eindruck, doch schüttelte er diesen Eindruck sehr bald 95 ab und schob geschickt die Ödipusdeutung des Kollegen gegen meine Deutung der Oralität vor, so einen nicht im Entferntesten vorhandenen Gegensatz konstruierend, wo bloss schichtenweise übereinandergelagertes Material vorlag. Der «Trick» bestand eben darin, dass der Analytiker in Unkenntnis der Taxiausgabe dem Patienten einen Lie- besbeweis stets als Widerstand deutete, ein Qui-pro-quo, das vom Patienten selbst konstruiert war durch Verschweigen von Material! Trotz zweieinhalbjährigem Durcharbeiten «versandete» die Analyse nach In- formation des Kollegen aus nicht durchsichtigen Gründen, der Kollege vermu- tete wegen meiner Arbeit eine orale Genese der Ejakulationsstörung und deutete dem Patienten dies auch die letzte zeit Ordinationen vor Abbruch der Kur an. Die Fortsetzung der Kur bei mir bestätigte diese Annahme weitgehend: der orale Hass gegen die präödipale Mutter stand im Vordergrund. Diese Annahme wurde durch folgendes widerlegt: Es herrscht wiederholt vorgekom- men, dass Patient nach einem ejakulationslosenKoitus, die Nacht bei seiner Freundin verbringend, eine kräftige Pollution hatte. Dagegen haben die Patienten Pollutionen, onanieren gelegentlich mit Ejakulation und kommen auch zeitweise durch manuelle Frik- tionen durch der Frau zur Ejakulation. Der Koitus scheiterte an der erektiven Potenzstörung des Patienten und dem sexuellen Desinteressement und der Abwehr der Frau.
Er hatte sich durch diese praktisch masochistische Einstellung geschäftlich beinahe ruiniert: kaufte z. B. ein sinnlos grosses Warenlager ein, war auf ständiger Suche nach Geld, um seine selbstarrangierten Geldschwierigkeiten zu lösen usw. Er erlebte also weit Angstlust und Bestraftwerdenwollen in seiner geschäftlichen Tätigkeit. Dabei wirkt diese in der allerersten Zeit erlittene Kränkung des Narzissmus durch das ganze Leben als Stimulans unbewus6t fort: noch im Koitus des Normalen sind Spuren dieser Einstellung aufzufinden. Nach einiger Zeit verwandelte sich das Beissen beim Koitus in ein Sau- gen an der Schulter der Partnerin. Er hatte aber bisweilen Pollutionen; Erektionen bekam er lediglich, wenn eine Mutter ihr Kind prügelte. In der zitierten Arbeit «Der Mammakomplex des Mannes» haben B e r g 1 e r und Eideiberg die Vermutung ausgesprochen, dass das Kind im eigenen Penis einen Ersatz für die verlorene Mutterbrust entdeckt und nun aufgrund von des unbewussten Wiederholungszwanges aktiv wiederholt, was es passiv er- lebte, wobei der Zweck des Vorgangs der Versuch ist, das Entwöhnungstrauma psychisch zu bewältigen.
In «Übertragung und Liebe» (Imago 1934, H. 1) gehen J e k e 1 s und B e r g 1 e r einen Schritt weiter und behaupten den zutiefst narzissti- schen Charakter des Koitus. Das völlige Ausbleiben der Ejaku- lation ist lediglich und ausschliesslich auf den Koitus beschränkt. Auch verflachte der mit Verlaub geringe Antrieb zum Koitus vollkommen, so, dass Patient vom siebenten Monat der Kur bis zum letzten des dritten Jahres nicht länger koitierte. Die korrekte analytische Technik ist bei diesen Patien- ten erst in späteren Phasen der Kur anwendbar. Teller der Mutter. Die Mutter missversteht aber diesen Blick, meint, Patient sei besorgt, dass für sie nichts übriggeblieben sei und sagt: «Kümmere dich nicht um mich, ich habe genug». Die Wissbegierde, die Lust am Beobachten erfährt aus dieser Quelle bedeutende Zuschüsse.» In diesen Worten, die praktisch aussa- gen, dass die Fähigkeit, Gedanken anderer aufzunehmen, eine Wiederholung des Einsaugens der Muttermilch darstellt, liegt u. E. der Kernpunkt der Pseudodebilitätsfrage.
Bloss, dass diese Sehnsucht nicht dem Objekt – der Brust der Mutter – ■ gilt, vielmehr einen narzissti- schen Restitutionsversuch darstellt, denn sie gilt der Brust, wie sie noch als Teil des eigenen Ichs perzipiert wurde. Dieser «Kardinalirrtum des Säuglings» über die Zugehörigkeit der spendenden Brust führt nach J e – k e 1 s und Bergler zu den narzisstischen Restitutionsversuchen im Vorgang der Objektbesetzung und Liehe. Die Vagina ist für diese Menschen nicht simples Auf- nahmeorgan für Glied und Samen, sondern ein kastriertes und zugleich kastrie- rendes Organ: die Scheide lässt denken an den eigenen Mund, dem die Brust ent- zogen wurde und zugleich so ziemlich eigenen Aggressionen gegen die Brust vor und während der Entwöhnung. Sekun- där wird diese Beziehung auf alle Menschen übertragen haargenau dasselbe des Geschlechts. 2. Er nimmt Rache an der Mutter und teil- weise am Vater, die aus dem Patienten einen «gebildeten» Menschen machen wollten.